Sozialtraining

Nach vielen Kursen für so sinnvolle Dinge wie:

- Berufsfeldorientierte Kompetenzen

- Kommunikationsstärke

- Zeitmanagement

- Team- und Konfliktfähigkeit

- Einsatzbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, selbstständiges Arbeiten

- Kommunikationsfähigkeit und Teamfähigkeit

- interkulturelle Kompetenz

- Bauch-Beine-Rücken-Po-Training

- Workshop Selbsterkundung

kommt die Autorin Johanna Schoener für ZEIT Campus vom 20. Februar 2012 in's grübeln.

Der Verkäufer an der Theke der Backwaren-Kette reicht mir das Laugenbrötchen und sagt: »Ich wünsche Ihnen einen guten Genuss!« Das hat er bestimmt in einem Kurs für freundliche Kundenbedienung gelernt! Am liebsten würde ich ihm meinen Kaffeebecher an den Kopf werfen. Lieber ein schlecht gelaunter Mensch als ein gut gelaunter Automat!

Jede Gefühlsregung erst durch ein Raster jagen, bevor ich sie rauslasse – das will ich nicht. Immer diese Angst davor, mal nicht perfekt zu sein! Es kann doch nicht gesund sein, sich in alle Richtungen gleichzeitig zu orientieren und sich dabei immer möglichst konform zu verhalten.

Zeit, mit einem Fachmann zu sprechen. Ich rufe den Psychosomatiker Heinz F. Golling an, der sich auf Patienten mit Erschöpfungszuständen spezialisiert hat und sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. »Ich habe versucht, mich zu optimieren«, sage ich. »Aber ich fühle mich nicht besser – im Gegenteil! Mich haben die Kurse unsicherer gemacht. Ich frage mich, was das nützt. Aber kann etwas, das so viele mitmachen, falsch sein?« Die Pause am anderen Ende der Leitung ist kurz. »Überall grassiert diese Optimierungsseuche!«, ruft Golling. »Das ist doch furchtbar, ein Affenzirkus ist das!« Die Achtziger und die folgenden Jahrgänge seien in eine Gesellschaft hineingeboren, die einen kollektiven Narzissmuspflege, erklärt er. »Perfektionswahn, Schönheitswahn, Gesundheitsreligion. Selbst die Freizeit muss wohlstrukturiert sein. Kein Wunder, dass Sie daran verzweifeln!« – »Aber wenn man nicht mitläuft, hat man dann nicht das Nachsehen?«, frage ich. »Sie können sich entscheiden«, sagt Golling. »Entweder Sie machen mit, und Ihnen droht ein Leben in völliger Sinnentleertheit. Oder Sie besinnen sich, hören nach innen, darauf, was Sie wollen, statt sich von Ideologien marktwirtschaftlich kompatibel verfeinern zu lassen.«