Über's Fernsehen

Was ich über den größten Teil des Fernsehen denke, ist ähnlich dem, was vermutlich Bernd das Brot darüber denkt. Aus einer Laudatio zu seinen Ehren zur Verleihung des Grimme-Preises (jawohl, so selbstkritisch kann das Öffentlich-rechtliche sein).

Den ganzen Tag über werden von Bernd Sachen verlangt, die er eigentlich gar nicht tun will: Als kurzarmiger Navigator auf der USS Bumblebee Bush, Dornbrötchen oder Wetterfrosch im Cheerleaderkostüm muss er immer dann herhalten, wenn es brenzlig wird, so bringt man ihn oft um den wohlverdienten Feierabend mit Mehlsuppe und An-die-Wand-Starren: Seine Fans fordern eine "alberne" Zugabe und der Mürrische mit den viel zu kurzen Armen schickt die Zuschauer mit den erschütterndsten Erlebnissen seines brotigen Daseins ins Bett.

Zu allem Überfluss kann er in der Nachtschleife des Senders das Fernsehbild nicht verlassen und vertreibt sich die Zeit mit dem Versuch, auch die letzten Zuschauer von den Bildschirmen zu vergraulen. Bernd stieg mit seiner Single "Tanzt das Brot" sogar in die Charts ein.

...Bernd würde sagen: "Bringen wir's hinter uns." Also gut.

Inmitten einer grellen Fun-Event-Kultur mit lauter gehypten Mega-Emotion-Shows nimmt sich Bernd das Brot, von Tommy Krappweis erfunden und mit nöligen Pointen munitioniert, das Recht auf schlechte Laune. Er hat auch Grund dazu. Zuerst, weil ihn keiner je gefragt hat, ob er überhaupt ins Fernsehen möchte, Tommy Krappweis hat ihn einfach dort hineingebacken.

Bernd hätte sich nie für ein Casting angemeldet, NIE! Dazu kommt, dass man ihm in seiner ersten Show, "Tolle Sachen" betitelt, zwei Partner gegeben hat, die auch sonnigere Gemüter in die Depression getrieben hätten...

Bernd widersetzt sich stellvertretend für uns dem Gute-Laune-Terror, der unaufhörlich aus dem Fernseher dröhnt und quillt. Bernd ist der subversive Verweigerer, der die volksverdummenden Mechanismen des TV-Geschäfts, nun gut, eines Teils des TV-Geschäfts, erkennt und benennt. Bernd deprimiert der geistlose Unfug, den seine Partner und seine Regisseure von ihm verlangen, er schützt sich und seine Würde mit einem harten Kontrastprogramm: "Kann ich jetzt gehen? Ich würde gerne zu Hause die Wand anstarren." Bernd bewahrt grummelnd Haltung, wo andere sich beim Mitmachen einreden, sie täten es frohen Sinnes. Die Muster seiner Raufasertapete und eine verlässliche Portion Mehlsuppe, das ist alles, was Bernd, den klugen Dauerverlierer, wirklich interessiert.

Bernd hat noch Hoffnung, diesem "schmutzigen Geschäft" eines Tages doch wieder zu entfliehen. Aber das können wir nicht zulassen, denn wir haben ihn nötig, dieses Backware gewordene duale System, das Kinder und Erwachsene verzückt, schlicht alle, die nicht mitmachen wollen beim Dauergrinsen. Mit seiner Beharrlichkeit, die ihn quasi zum Anti-Ruge adelt ("Alles wird schlecht" könnte sein Familienmotto sein), hat sich Bernd zu unserem TV-Therapeut emporgemault.

Und wenn er aus dem Bild fliehen will, wie er es jeden Abend ab 21 Uhr so vergeblich wie bitterkomisch versucht, müssen wir ihm also in seinen eigenen Worten sagen: "Vergiss es!" Sorry, Bernd.